USV - Sinn/Zweck oder Unsinn (Glaubensfrage!?)

Hallo Harry,

das finde ich jetzt etwas überheblich.

Nur mal ein Praxisbeispiel:

Der N-Leiter in der Hauptleitung wird unterbrochen. Das gibt einen virtuellen Sternpunkt.

Ergebnis: An den Netzteilen liegen bis 400 Volt an

P = Leistung = U²/R

und die Geräte sind hin!

Gruß

Alois

Ps. Auf diese Weise sind schon eine Unzahl Geräte in den Straßenzügen „gestorben“.

Das war nicht ueberheblich gedacht, mir geht’s um eine Diskussion mit Nachdenken. Soweit ich das hier sehe, ueberlegt sich (fast) jeder, was er hier schreibt und versucht das auch zu untermauern, das macht es hier auch so schoen zu diskutieren, denn fuer mich ist der Disput der Weg zur Erkenntnis. Kontraproduktiv sind da Saetze wie:

Eine Kommune hatte sich auch mal die USV gespart, dann gabs 'ne Überspannung und die Kommune durfte neue Server kaufen…

Keine Quellenangaben, keine Details aber mal so in den Raum geworfen. Solche Aeusserungen kann man sich aus meiner Sicht voll sparen, sie tragen naemlich NICHTS zum Thema bei, ausser halt eine (noch) unbegruendete Behauptung, das Netz ist leider voll von solchen.
Deshalb haette ich ja gerne eine Quelle fuer die obige Behauptung, kommt ja vermutlich noch.

on topic:
Wenn die Neutralleiterunterbrechung den Eingang der USV grillt, dann ist das vermutlich teurer als der Netzteiltausch im Server.

Bin mir nichtmal sicher ob das dem Netzteil ueberhaupt schadet, muss ich mir mal gleich einen Schaltplan ansehen.

Gruss Harry

Hallo zusammen,

wir haben schon immer auf USVs gesetzt. Anfangs aus Unwissenheit auf Offline-USVs.
Dann irgendwelche Elektroarbeiten im Haus, Details weiß ich nicht, Überspannung o.ä. hat’s uns einen Server und einen Storagecontroller zerissen. Außer den Kosten halt sch… Aufwand das Zeug neu zu beschaffen, einzubauen, anzuschließen, wieder an’s Laufen zu bekommen!
Seither gibt’s Online-USVs, kosten halt 30% mehr und ja, sie haben nen schlechten Wirkungsgrad. Interessiert mich (ausnahmsweise!) an dieser Stelle mal nicht besonders.
100% Verfügbarkeit sind damit natürlich auch nicht garantiert aber ich schlafe ein klein wenig ruhiger und das ist in meinem Alter auch nicht unwichtig :wink:

Muss natürlich jeder für sich selbst abwägen und beurteilen.

Just my 0,02$, liebe Grüße,
Jochen

Hallo Harry,

Wir hatten mal IBM-Rechner die hatten an der Rückseite einen Umschalter 110V/230 V. Schüler haben gern mal auf 110 Volt umgeschaltet. Ein kurzer Knall und das Netzteil war hin. Genau das passiert auch bei 400 V.

Gruß

Alois

Hi Alois,
wir hatten auch so Netzteile mit Umschalter, haben die auch aus diesem Grund mit Heisskleber auf 230V festgenagelt aber bei den 230V und 400V ist das etwas komplizierter und bei der USV, die ja eigentlich auch nix anderes als ein Schaltnetzteil ist, duerfte das genau das gleiche Problem sein.

Hab mal einen Kollegen mit harten Elektronikskills gefragt, das ist seine Antwort.

Die Frage ist, wie der Strom überhaupt beim Netzteil weiter fließen
kann, wenn der Sternpunkt weg ist. Das Netzteil ist Einphasig
angeschlossen. Wenn am selben lokalen Netz (also Leitung bis zur UV) ein
Drehstromverbraucher mit drin hängt und der Sternpunkt wegfällt oder
eine Drehstromleitung mit einem einzelnen N-Leiter auf 3 Steckdoesen
aufgedteilt wird (macht/darf man das?), dann hast du eine ziemlich
gemischte Schaltung… Mehrere Verbraucher (Einphasig) hängen irgend wie
verteilt an den Außenleitern. Der Sternpunkt läuft weg, dann hast du
aber immer noch keine 400V direkt am Netzteil, weil ja in der
„Rückleitung“ zur 2. Phase eine Last drin hängt, durch die der selbe
Strom fließt.
In den Netzteilen gibt es meist auch noch Varistoren nach der Sicherung.
Die schließen bei 265V-300V~ die Eingangsspannung auf der AC-Seite kurz
und die Sicherung ist weg.
Varistor in Schaltnetzteil zerstört - Mikrocontroller.net
Die blaue Scheibe nahe dem Trafo (da wo der große schwarze Fleck ist…)
Die anderen blauen Scheiben sind X2 Entstörkondensatoren.

Gruss Harry

Hallo Harry,

ich schrieb „es liegen bis 400 V an“.

Das Phänomen „virtueller Sternpunkt“ hier zu erklären führt zu weit. Dazu muss man sich mit Drehstrom auskennen.

Gruß

Alois

Alois, ich hab ein abgeschlossenes Studium in Elektrischer Energietechnik, nicht, dass ich mir da was drauf einbilde, aber Drehstromtechnik ist da eines der zentralen Themen.
Gut, das ist schon 30 Jahre her…

Mir ging es hier auch eher um die Leistungselektronik im Schaltnetzteil, sowohl in der USV, als auch im Server, die duerften sich gleich verhalten, beim Crash koennte der Schaden an der USV sogar hoeher sein, Spekulation.
Ich weiss nicht wie sattelfest Du bei Leistungselektronik bist, aber so wie’s aussieht koennte das sogar halten bzw. nur die Sicherung killen.

Du hast als Begruendung fuer das Sterben des Netzteils folgende Formel gebracht:

P = Leistung = U²/R
und die Geräte sind hin!

Aus meiner Sicht erfasst diese hier nicht das Problem, deshalb bin ich zur Leistungselektronik uebergegangen.
Das ist hier keine ohmsche Last sondern ein Schaltnetzeil, Stromrichter mit Regelung.

Gruss Harry

Hallo Harry,

den Film (leider nicht mehr online)

https://www.presseportal.de/pm/7840/796635

habe ich immer genutzt um meinen Schülern das Problem mit dem virtuellen Sternpunkt näher zu bringen. Man hat in dem Beitrag den „N“-Leiter in einer Unterverteilung getrennt und dann gezeigt wie die an die Steckdosen angeschlossenen Geräte kaputt gegangen sind. Das einzige Gerät welches überlebte war (Gottseidank) die Kaffeemaschine.

Gruß

Alois

Hallo Harry,

die Formel

P=U²/R

ist natürlich eine starke Vereinfachung, aber vermutlich noch durch einen E-technischen Laien (damit meine ich hier mitlesende) nachvollziehbar.

Es ist immer so, dass, wenn „R“ nicht linear ist, dass die Formel nicht 100% gilt. Sie zeigt aber, dass eine deutlich größere Leistung umgesetzt wird als bei 230 V.

Ergänzung:

Ist R ein PTC (Widerstand steigt, wenn die Temperatur (in Folge des Stromes) steigt), dann wird P kleiner als beim linearen Widerstand. Umgekehrt wenn R ein NTC ist (Widerstand wird kleiner, wenn die Temperatur (in Folge des Stromes) steigt), dann wird P größer als beim linearen Widerstand. Wobei bei einer Spannungsänderung von 230 V auf 400 V kein „normaler“ Widerstand linear ist. Ist er auf Kohlebasis, dann verhält er sich wie ein NTC, ist er auf Metallbasis, dann verhält er sich wie ein PTC. Ist der Widerstand auf Halbleiterbasis, dann verhält er sich idR wie ein NTC.

Wie schon im Beitrag zuvor geschrieben hat nur die Kaffeemaschine den virtuellen Sternpunkt „überlebt“, weil sie den kleinsten Widerstand hatte und damit die kleinste Spannung ab bekam. Die Geräte die zerstört wurden hatten allesamt Schaltnetzteile.

Hier noch einen Link zum Thema bei Wikipedia:

Hinweis: Der Sternpunkt kann sich zu jedem Punkt U1 U2 U3 hin verschieben. Der Sternpunkt ist dabei die Stelle am Verbraucher die normalerweise am „N“-Leiter angeschlossen ist, U1, U2 oder U3 sind dann die Stellen die am Verbraucher mit „L“ gekennzeichnet sind. Entsprechend hat man an den Verbrauchern bis zu 400 Volt.

Zu mir selbst.

Wie man sicher an meinen Beiträgen sieht bin ich mehr in der Energietechnik und da im Bereich Sicherheit Schutzmaßnahmen (VDE) zu Hause. Mit Elektronik kenne ich mich zwar auch aus, kann aber nicht im Detail mitreden. Leistungselektronik ist gar nicht mein Fachgebiet.

Gruß

Alois

Hallo,

ich verbitte mir derartige Unterstellungen. Ich kann sofort Ross und Reiter nennen. Sogar mit Datum, wenn es beliebt! Wozu ist denn wichtig in welcher Kommune und an welcher Schule konkret das jetzt aufgetreten ist? Es reicht an der Stelle zu sagen: Hat es schon gegeben und das waren die Folgen.

Gruß
Thomas

Ich bitte darum, gerne auch mit Datum und Hintergruenden.

Gruss Harry

Hallo Alois,

Ich vermute, dass das Ueberleben der Kaffemaschine nicht mit dem „kleinsten Widerstand“, wohl so um die 30 Ohm zu tun hatte, sondern dass diese so gut wie keine Elektronik beinhaltet, die durch Ueberspannung mal eben in einer MIllisekunde recht emotionslos gekillt wird. Der Ohmsche Widerstand der Heizspirale stirb naemlich nicht durch Ueberspannung sondern eher sehr langsam durch einen zu hohen Strom und das dauert eine gute Weile bis diese durchbrennt bzw. irgendwas in dieser durchglueht.
Ueberspannung killt schnell und emotionslos, Ueberstrom langsam und laut/heiss.

Gruss Harry

Hallo Thomas,

Ich kann sofort Ross und
Reiter nennen. Sogar mit Datum, wenn es beliebt! Wozu ist denn wichtig
in welcher Kommune und an welcher Schule konkret das jetzt aufgetreten
ist? Es reicht an der Stelle zu sagen: Hat es schon gegeben und das
waren die Folgen.

mir reicht das auch.
Ich glaube dir das nicht nur, ich kann mir auch gut vorstellen, dass das
mal passiert ist.

LG

Holger

Hallo Harry,

beides ist richtig. Nur ergibt sich der virtuelle Sternpunkt durch eine Reihenschaltung des kleinsten Widerstandes im Stern mit den beiden anderen (wobei da mehrere Geräte sowohl zur Kaffeemaschine, als auch zu den anderen Geräten parallel hängen können). Da die Kaffeemaschine den kleinsten Widerstand hat fällt dort nach der Gesetzmäßigkeit der Reihenschaltung die geringste Spannung ab. Da bei symmetrischem Stern die Spannung an der Kaffeemaschine 230 V beträgt muss sie beim virtuellen Sternpunkt - zwangsläufig - deutlich kleiner und damit an den anderen Widerständen deutlich größer werden. Der Sternpunkt - ohne angeschlossenem „N“ - ist auch nicht stabil, sondern ändert seine Position in Abhängigkeit der Verbraucher die noch „funktionieren“. Es ist ein munteres hin und her bis das letzte Gerät hin ist. Dann bleibt nur noch der kleinste Widerstand (die Kaffeemaschine) übrig, da die dann mit einem „Bein“ in der Luft hängt, also kein Strom mehr fließt.

Zur Kaffeemaschine parallel geschaltete Verbraucher überleben das Desaster ebenfalls, da sie während des dynamischen Vorganges immer an einer kleineren Spannung als 230 V hängen.

Hier mal einen Bericht aus der Praxis wie es passieren kann, dass es zu einer Sternpunktverschiebung kommen kann. In dem Fall war ein ganzer Ort betroffen.

"Hallo

so ist es, der N-Leiter war unterbrochen. Es gab beim Umschalten auf
einen neuen Versorgungskreis einen Schaltfehler, der dafür sorgte, dass im
ganzen Ort der Strom ausgefallen ist.
Da wurde dann etwas hektisch dran gebastelt, um es schnell wieder zum
laufen zu bringen, und da ist wohl leider der N-Leiter vergessen worden.
Das führte dazu, dass es gleich danach noch einmal gebatscht hat, was
unsere USV nicht so richtig begeistert hat.
Das gute dabei: der Stromversorger steht für die Schäden gerade, ist
alles schon geregelt.
Das schlechte für den Stromversorger: es ist nicht nur unsere Schule,
sondern einiges drum rum auch noch.
Und das gute für mich: ich bekomm sogar eine Aufwandsentschädigung dafür

Gruß"

Den ganzen Schriftverkehr findet man hier:

https://www.mail-archive.com/linuxmuster-user@lists.linuxmuster.net/msg09183.html

Gruß

Alois

Klar Holger, es steht ja ausser Zweifel, dass ein Server durch Ueberspannung sterben kann, aber das ist nicht die Regel und hier handelt es sich ja auch um einen und nicht " durfte neue Server kaufen".

Mir geht’s um Qualitaet von Aussagen, alles andere ist aus meiner (!) Sicht Stimmungsmache und davon gibt’s schon zuviel.

Gruss Harry

Hallo Harry,

Ich kann sofort Ross und Reiter nennen. Sogar mit Datum, wenn es
beliebt!

Ich bitte darum, gerne auch mit Datum und Hintergruenden.
ich kann das verstehen, dass er „Ross und Reiter“ hier öffentlich nicht
nennen will: er will ja keiner Kommune hier die Hosen runter ziehen …
schon gar nicht als Dienstleister.

Also: glaub ihm, oder ignorier es :slight_smile:

LG

Holger

Hallo Harry,

ich würde auch nicht öffentlich Ort und Schule nennen wollen, wenn ich so etwas erlebt hätte.

Gruß

Alois

Hallo,

erhöht sich die Qualität der Aussage: „Hat es schon gegeben“ durch die Anzahl der Server, die danach physikalisch unbrauchbar und nicht mehr einsatzfähig waren?

Gruß
Thomas

Oder ist es erst dann aussagekräftig und qualitativ interessant wenn auch die Quantität stimmt? Sagen wir mal: Mindestens ein ganzes Rechenzentrum tot?

Hallo,

wenn wir schon bei der Stromversorgung sind, dann noch eine nicht uninteressante Information:

Es wird überall auf Teufel komm raus Energie „gespart“ was eigentlich gut sein sollte. Leider bedeutet „Energie sparen“ zuschalten von nichtlinearen Verbrauchern (LED-Beleuchtung, Schaltnetzteile etc.).

Die Folge:

Das Netz wird kapazitiv.

Davon die Folge:

Es entsteht der Ferranti Effekt *. Das bedeutet, dass die Spannung im Netz gefährlich steigt. Die erforderliche Gegenmaßnahme ist Kompensation. Das genau ist aber ein Problem.

Als wir noch mit Induktivitäten gearbeitet haben (konventionelle Leuchtstofflampen mit Vorschaltgerät = Induktivität) haben wir durch Reihen- oder Parallelschaltung von Kondenstoren den Leistungsfaktor auf 0,95 induktiv kompensiert. Das war unproblematisch möglich, da der ohmsche Widerstand eines Kondensators extrem hoch ist und die dadurch auftretenden Verluste vernachlässigbar sind.

Umgekehrt ist es anders. Wollte man durch Parallel, oder Reihenschaltung einer Spule die kapazitive Last kompensieren, dann würde das nur durch in Kauf nehmen von Verlusten gehen, da eine Spule einen nicht vernachlässigbaren Widerstand hat.

Man müsste also die Energieeinsparung durch in Kauf nehmen von Verlusten wieder zunichte machen :unamused:

Im Übrigen führt das „Energie sparen“ noch zu einem anderen Effekt und damit kommen wir wieder zur „N“-Leiter Unterbrechung.

Durch nichtlineare Verbraucher kommt es zur Überlastung des „N“-Leiters und damit zur Erwärmung desselben. Wird er zu warm, dann kann es zur Unterbrechung des „N“-Leiters kommen, weil der Kontaktdruck nach lässt. Die Folgen sind oben beschrieben.

Gruß

Alois

  • Wie gefährlich der Ferranti-Effekt ist zeigt die Tatsache, dass man einen der Generatoren des AKW Biblis zu einem Phasenschieber umgebaut hat und jahrelang im Leerlauf hat mitlaufen lassen.

Warum das ganze:
Durch schlagartigen Ausfall größerer Netzteile konnte es zum Ferranti-Effekt kommen. Mit dem Phasenschieber war man in der Lage sehr schnell eine Induktivität zur Kompensation der Kapazität bereit zu stellen. Inzwischen ist der Betrieb des Phasenschiebers eingestellt.

Ps. Der Phasenschieber hatte die Aufgabe Blindleistung bereit zu stellen Wie im verlinkten Bericht beschrieben.

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