Hallo,
Ich verfolge die Diskussion aufmerksam und möchte eine alternative Herangehensweise darstellen (die hier etwas OffTopic ist) aber vielleicht ein Denkanstoß sein kann, den Gesamtkomplex nicht nur aus technischer Sicht zu beurteilen.
Bei uns an der Schule gibt es bereits seit 4 Jahren Freifunk für alle Schüler, und zwar mit sehr guter Bandbreite (ca. 60 Mbit) so dass ein problemloses Arbeiten mit mitgebrachten Geräten möglich ist, ohne das Datenvolumen der Schülerinnen zu belasten oder Ungerechtigkeit zwischen Menschen mit schnellen und langsamen Mobilfunkverträgen aufkommen zu lassen.
Die Schulordnung sieht ein Handyverbot mit Ausnahmeregelungen nach Erlaubnis der Lehrkraft für unterrichtliche Zwecke vor.
Das wird sehr gut genutzt und angenommen, was dadurch zu evaluieren ist, wie die Reaktionen der KuK ausfallen, wenn es, was selten vorkommt, mal eine Störung gibt. Natürlich nutzen die SuS das Netz auch “illegal” vor dem Haus.
Um dem Datenschutz gerecht zu werden, gibt es eine zweite SSID für Lehrer, die mit WPA und Captive Portal abgesichert ist, eine Umstellung auf Radius ist geplant.
Gäste können natürlich jederzeit Freifunk nutzen, so erübrigen sich alle Voucher Überlegungen automatisch.
Freifunk und das Lehrer-Wlan werden über Unifis verteilt.
2016 habe ich dazu mal einen Vortrag bei der Tübix gehalten:
- https://www.tuebix.org/2016/programm/frank-schiebel-wlan-an-der-schule/
- https://github.com/tuebix/tuebix-downloads-2016/blob/master/tuebix-2016-frank-schiebel-wlan-an-der-schule.pdf
Ausgehend von dieser Installation an der Schule hat sich – zunächst, um ein per Richtfunk zu erreichendes Flüchtlingsheim anzubinden – die “Freifunk AG” gegründet - nach Abschluss des Flüchtlingsprojekts hauptsächlich auf Betreiben der SuS.
https://freifunk-3laendereck.net/schueler-machen-freifunk-fuer-gefluechtete/
Anschließend begann ein Dialog mit der Stadt, im Verlauf dessen die AG im vergangenen Jahr das Freibad und den örtlichen Wohnmobilstellplatz mit Freifunk versorgt hat. Die SuS haben Vorträge bei der Mittelstandsvereinigung der CDU und den Freien Wähler gehalten, im Jugendgemeindarat vorgesprochen und gestern hat der Gemeinderat den weiteren, durch die Stadt finanzierten Ausbau von Freifunk an weiteren 4 Standorten beschlossen.
Im Lehrernetz logge ich die aufgerufenen Internetseiten nicht (das Freifunk Netz geht ja eh an mir vorbei zum Gateway). Die Gesetzeslage ist hier nach Abschaffung der Störerhaftung eindeutig: Ich muss nicht in der Lage sein, nachzuweisen, wer wann was gemacht hat. Ich übererfülle sogar, indem ich meine Nutzer sogar darauf hinweise, dass das Netz nicht für illegale Aktivitäten genutzt werden darf. Im Falle von Beschwerden muss man, wenn es dumm läuft, bestimmte Inhalte unerreichbar machen (aka “filtern”).
Ich möchte im Rahmen der Medienbildung an der Schule SuS so “erziehen”, dass sie Ihr Recht , anonym und/oder pseudonym zu kommunizieren wahrnehmen wollen. Das kann ich nicht, wenn ich sie ständig überwache und – schlimmer noch – von Klasse 5 an den Eindruck erwecke, das sei normal. Warum sollte jemand, der das so erlebt hat, jemals gegen Einschränkung der Bürgerrechte und der Meinungsfreiheit oder gegen Überwachung aufbegehren. Das ist meiner Einschätzung nach sehr unwahrscheinlich.
Der CDU Politiker Krings schlägt ja in die gleiche Kerbe, wenn er sagt:
„Ich verstehe, warum das Darknet einen Nutzen in autokratischen Systemen haben kann. Aber in einer freien, offenen Demokratie gibt es meiner Meinung nach keinen legitimen Nutzen“
http://www.taz.de/!5575157/
Und mit dem Rundumschlag will der Bundesrat VPNs und was auch sonst noch alles verbieten:
Ohne anonyme/pseudonyme Kommunikation ist es eben keine “freie, offene Demokratie” mehr, und unsere Schüler müssen die Verteidigen, und dafür müssen Sie wissen, dass es nicht o.k. ist, wenn ihnen immer einer über die Schulter schaut.
Im übrigen passiert diesbezüglich nahezu nichts: Das ist ein gutes Beispiel für einen vollkommen schrägen Bias - man denkt immer nur an die, die “Böses” tun, obwohl das nahezu keiner ist, bestraft aber alle mit Komplettüberwachung.
Nachzulesen z.B. im Transparenzbericht von Freifunk Dreiländereck:
https://freifunk-3laendereck.net/transparenzbericht/
Für das Jahr 2018 sind da etwa 60 Vorfälle gelistet, bei 2200 Zugangspunkten und täglichen Nutzerzahlen zwischen 4000-8000.
Die inhärente Unsicherheit des FF Netzes als “offenes Wlan” ist im übrigen ein hervorragender Anknüpfungspunkt für Medienbildung. Wie funktioniert SSL, was ist das Problem an Apps, wie nutze ich ein VPN u.v.m.
Eine notwendige Voraussetzung für ein solches Setup ist natürlich, dass die Schule mit ausreichender bandbreite ans Internet angebunden ist, mit 20 Mbit für die Schule kann man nicht “Freifunk für alle” machen.
VG
Frank