Hallo zusammen,
ich finde es wichtig, da mehr Erfahrung als Überzeugung sprechen zu lassen.
Viele kennen doch das Gefühl, dass man mit freier Software manchmal basteln muss, Dinge nicht sofort funktionieren, eine bestimmte Funktionalität fehlt, etc. (und da spielt es erst einmal keine Rolle, dass das andersherum nach einiger Umgewöhnung ganz genau so ist).
Und ich finde es absolut legitim, wenn man an bestimmten Stellen sagt: ich gebe an dieser Stelle bewusst für ein Produkt Geld aus.
Aber man macht eben idealerweise nur EINMAL die (für mich durchaus heftige) Erfahrung, mit einer Software in ein Lock-In zu wandern und zu spüren, was es heißt, aus diesem Loch nicht mehr hinaus zu kommen, weil der Hersteller das eben (aus finanziell nachvollziehbaren Gründen) nicht vorsieht. Und das ist ja nicht nur das eine Produkt. Da hängen oft ganze Bedingungsketten zusammen (Makro -> Office -> Windows - mit allem, was das dann für Updates, etc. heißt).
Und genau so ist es eben tatsächlich Arbeit, bis man anfängt, souveräner zu werden und die Freiheit, die man mit Open Source in der Regel genießen darf, auszkosten zu können. Wenn ich heute aus offenen Datenbanken mit freien Python-Bibliotheken Daten ziehe, um sie so, wie ich das will, automatisiert in eine Calc-Tabelle zu schreiben - ganz ohne irgendwelche Lizenzen, unter jedem Betriebssystem, sogar auf einem Rapsberry… Dann fühle ich eben ein so lautes „wow, dass so etwas einfach so geht“, dass da kein Vermissen aufkommt. Aber an diesen Punkt muss man erst einmal gelangen.
Ich muss (und hurra, ich will) lernen - aber dann kann ich damit arbeiten. Und wenn nicht ganz was schlimmes passiert oder ich auf etwas völlig exotisches gesetzt habe, dann kann ich damit sehr, sehr lange zufriedenstellend arbeiten. Was in dieser Zeit bei proprietären Produkten passiert, die sich halt verkaufen MÜSSEN, damit es sich rechnet… das ist dann fast zwangsweise Eyecandy oder Systemwechsel, den kein normaler Mensch so haben wollen würde (das las ich letztens: https://www.heise.de/news/Kommentar-So-kann-Microsoft-die-Abwanderung-von-NET-Entwicklern-nicht-stoppen-4725901.html).
Es tut eben weh, wenn man Menschen vorführt, dass sie informationstechnologisch mit ihren betrüblich formatierten Office-Dokumenten (da verhunzt MSO unter der Haube ja gelegentlich mehr, als es verschönert), wie wenig sie eigentlich verstehen. Und auch wenn man als Lehrer eigentlich wissen sollte, dass man vor dem ernten säen, gießen, pflegen, etc. muss und dass es Zeit braucht, bevor man genießt… ist die Verlockung des (für den einzelnen ja auch bezahlbaren) Convenience-Futters eben allgegenwärtig. Für alles andere hat die Politik das aus den Schulen verbannt - aus gutem Grund. Bei der IT… Neuland eben.
Daher: es gibt weit jenseits aller Glaubenskriege gute, nachhaltige Gründe, (mehr) auf freie Software zu setzen. Langfristig ist es günstiger, fördert Kompetenzen, die einen im Leben definitiv weiter helfen (nicht unbedingt beim Gehalt - da ist man als MS Platinum Senior Chief Executive Power Fritze vermutlich NOCH lieber gesehen). Aber wir lernen ja fürs Leben und nicht für die Arbeitswelt…
Viele Grüße
Thomas